3.74 Radio-Funk-Werkstätten, Neuhaldensleben

 

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Schon 1902 war in Berlin die Metallwarenfabrik Peter Graßmann gegründet worden, Lautsprecher fertigte sie rund 23 Jahre später. 1925 berichtete die Fachpresse über die von Graßmann hergestellten Grammophon-Schalldosen und einen mit Glimmermembran versehenen Trichterlautsprecher. 1926 umfasste das Lautsprecherprogramm die Modelle: Trix, Dota, Ontri, Scala und Olifant. Peter Graßmann verkündete 1927, den ersten deutschen Großflächenlautsprecher mit Doppelmagnetsystem geschaffen zu haben, und mit seinen „Helios“-Lautsprechern aus den Dreißigern zählte das Unternehmen schließlich zu den bedeutenden Produzenten dieser Spezies.

 

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Grassmann-Inserat von 1926

 

1927 betrieb der Stadtrat Fritz Albrecht in Neuhaldensleben ein 1926 gegründetes „Radio-Funk-Werk“ – Willy Fricke war der Geschäftsführer. Wenn die Indizien nicht täuschen (an der Frontplatte ist das „Radio-Funk“-Emblem zu erkennen), fertigte er Ende 1927 / Anfang 1928 den Superhet R.Z.IV/DB, welcher durch die Berliner „Erzet-GmbH“ vertrieben werden sollte. Es darf angenommen werden, dass die erwarteten Verkaufserfolge ausblieben.

 

1928 superhet rzivdb erzet gmbh

 

1928 übernahm Peter Grassmann diese Firma und ließ sie auf den Namen seiner Ehefrau Adele als: „Radio-Funk-Werkstätten“ (R.F.W.) eintragen. Es gab zwei Firmenadressen: Berlin W 57 und Neuhaldensleben.

Im November 1928 vermerkte „Radio“ unter „Handelsgerichtliche Eintragungen“: „Berlin. Radio-Funk-Werkstätten G.m.b.H. Fritz Albrecht ist nicht mehr Geschäftsführer“. Und im Februar 1929 stand in der selben Zeitschrift: „Berlin. Radio-Funk-Werkstätten G.m.b.H. Der Sitz der Gesellschaft ist nach Weferlingen (Prov. Sa.) verlegt worden. Dr. Curt Borchardt ist nicht mehr Geschäftsführer. Zum Geschäftsführer ist bestellt: Fritz Albrecht in Neuhaldensleben“. (Anmerkung: Dr. Borchardt hat möglicherweise den „R.Z.IV/DB.“ konstruiert).

Die Fabrik fertigte Empfangsgeräte, Sprechmaschinenverstärker und Rahmenantennen. Zunächst jedoch hörte man wenig, von Graßmanns neuem Radiounternehmen, dessen Gründungsjahr den beginnenden Preisverfall markierte. 1931 erschien der erste „Radio-Funk“-Netzempfänger für Mittel- und Langwellenempfang; in den Radiokatalogen aber ist er nicht zu finden.

1931 erschienen die Simba-Modelle, Geradeausempfänger mit den Typenziffern 12 bis 16, doch so erfolgreich wie mit seinen Lautsprechern wurde Grassmann mit den Radios nicht.

Zunächst fand man „R.F.W.-Modelle“ in den Katalogen gelegentlich unter „Graßmann“. Es gab noch einen Dreiröhren-Kofferempfänger (vertrieben durch die „Radio-Columbus GmbH, Hamburg) und auch einen Superhet soll es gegeben haben. Indes – bis 1932 fanden die Grassmann- bzw. R.F.W.-Radiogeräte im Handel kaum Beachtung – allenfalls wurden sie als „Sonderangebote“ offeriert.

 

rfw netzempfaengers baujahr 1931

 

rfw netzempfaengers baujahr 1931A

 

rfw netzempfaengers baujahr 1931B 

 

Type und Daten dieses R.F.W.-Netzempfängers Baujahr 1931 sind nicht bekannt

 

RFW Radio Logo

 

Im Herbst 1933 konnte Grassmann das Image der R.F.W.-Radios (mit dem neuen Emblem) aufpolieren. Das Werk produzierte neben Volksempfängern den leistungsstarken Einkreiser Togo (mit RENS 1284/1374 d, bzw. 1820/1823 d) – der steckte auch in der Graßmann-Konzertschatulle (mit Plattenspieler und Großlautsprecher).

 

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Inserat aus: „Der Radio-Händler“ vom März 1933: „Die neue Funkfreund-Serie“ (Fabrikat RFW) – billige Zweiröhren-Einkreiser – wurden in Berlin als „Kain‘s Sonderangebote“ verkauft.

 

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Teil eines Inserates aus: „Der Radio-Händler“, November 1933. In dem Inserat steht: Generalvertrieb Peter Grassmann.

 

R.F.W. 35 hieß 1934/35 ein Gerät mit 2 x REN 904, 2 x RES 964 und RGN 2004, welches als Ortsempfänger für Schulen bzw. als Verstärker für die elektrische Tonabnehmer-Wiedergabe in besonders großen Grammophonschränken Verwendung fand.

 

RWF Einkreiser TogoII

 

Den Stil betreffend könnte man sagen: „Das Radio im abgesägten Bilderrahmen“. Alle Graßmann-Modelle des Jahrgangs 1935/36 sahen so aus – auch das kleinste – dieser Einkreiser Togo II. Mit zwei Pentoden war er bestückt, die neuen Ferrocart-Spulen waren drin und auch ein Mittelwellensperrkreis. Das alles zu dem äußerst günstigen Preis von RM 148.50 mit, und 116.50 ohne Röhren. 

Im Illustrierten Radiokatalog 1935/36 steht über die „Graßmann“-Modelle: „Ursprünglich Spezialfabrik für Lautsprecher, hat sich diese Marke durch die Eingliederung der Radio-Funk-Werkstätten auch im Apparatebau einen Namen geschaffen, dessen Klang mit jeder neuen Type, insbesondere eben wegen der Erfahrungen im Lautsprecherbau besser wird“.

Nun konnte man wieder den Einkreiser Togo finden (jetzt mit 1284/964), der Simba wurde zum Zweikreis-Reflexgerät, Samoa hieß ein Siebenkreis-Superhet und Kamerun die Musikschatulle mit dem Simba-Chassis und eingebautem Plattenspieler. Gemeinschaftsgeräte sowie Fafner-Verstärker ergänzten das 1935er- Lieferprogramm.

 

RWF Zweikreiser Samoa 

 

Samoa W, Baujahr 1935 – das größte Graßmann-Modell aus Neuhaldensleben. Der Vierröhren-Siebenkreis-Superhet hatte auch einen Kurzwellenbereich (19 bis 55 m). Die Apparatenummer 11999 ist auf dem Typenschild des hier abgebildeten Gerätes eingeschlagen. Doch ist kaum anzunehmen, dass die R.F.W. über 12000 Stück dieses Modells gefertigt hat; sonst müsste man heute nicht bei 2000 Radiosammlern nachfragen, um schließlich ein solches zu finden.

1936 wurde das Empfänger-Programm auf zwei Grundtypen reduziert, dazu die mit dem Lautsprecher kombinierten Fafner-Kraftverstärker, welche auch in den Folgejahren in den Lieferlisten blieben. Alle Typen findet man in den Katalogen unter „Grassmann“.

 

fafner kraftverstaerker katalogen grassmann 

 

Inserat aus: „Der Radio-Händler“, Februar 1937

 

Im Mai 1938 vermerkte „Der Radio-Händler“ in seiner Rubrik „Handelsgerichtliche Eintragungen“: „Radio-Funk-Werkstätten Adele Graßmann, Berlin-Steglitz, Siemensstr. 19. Inhaberin Frau Adele Graßmann, geb. Fahrendorf, in Berlin. Das Geschäft ist durch Umwandlung der Radio-Funk-Werkstätten G.m.b.H. entstanden“. Von Neuhaldensleben war nicht mehr die Rede. Im WDRG- Katalog 1938 findet man (außer Kraftverstärker) nur die Einkreiser RFW 391 W und GW.

 

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Inserat aus: „Der Radio-Händler“, März 1937

 

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Aus dem Katalog 1937 des Frankfurter Radio-Großhändlers Heinrich Alles

1939 offerierte die Firma – jetzt unter „R.F.W. A. Grassmann“ – noch ihre Modelle Condor (W und B), und im Rahmen der „Rundfunk-technischen Erzeugergemeinschaft“ gab‘s den Belcanto RE 392 GW. Es begann der Krieg und schon am 31.12.1940 stellte, wie „radio-mentor“ im Heft 3/1941 berichtete, die Firma ihre Zahlungen ein. 1941 ging die Fa. Graßmann im Opta-Firmenverbund auf, trat aber im VERG-Katalog 1950/51 nochmals (nur kurze Zeit) als Lautsprecherfabrik in Erscheinung.

 

Grassmann Condor 402W 

 

Nicht mehr im „Graßmann-typischen“ Gehäuse wurde 1939 dieser Condor 402 W angeboten. Ein rückgekoppelter Zweikreisempfänger ist es, den man – nur im WDRG-Katalog 1939/40 – unter „R.F.W.“ findet. Bestückt ist die Wechselstromausführung mit den Röhren EF 11, EF 12, EL 11 und AZ 11. Es gab ihn im gleichen Gehäuse auch als Batteriegerät mit KF 4, KF 4, KC 1 und KL 2. 

 

 

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