MEL PIC-35 Röhrenverstärker

Der MEL PIC-35 Röhrenverstärker, ein Meisterstück der deutschen Ingenieurskunst, eingeführt im Jahr 1965 von Messtechnik und Elektronik in Waiblingen. Dieser Verstärker, der für seine innovative Anwendung der Push-Pull-Parallel (PPP) Technik und seine herausragende Klangqualität bekannt ist, markierte einen Wendepunkt in der Entwicklung von Audioverstärkern. Mit seinen 17 sorgfältig ausgewählten Röhren bot der PIC-35 eine Leistung von 35 Watt pro Kanal und setzte neue Maßstäbe in Bezug auf Klarheit und Reinheit des Klangs. Seine Einführung fiel in eine Zeit, in der die Stereo-Audiotechnik an Popularität gewann, und trug maßgeblich zur Verbreitung und Wertschätzung hochwertiger Stereoaufnahmen bei. 

 

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Aus der Radiosammlung von Klaus Burosch: Stereo-Röhren-Vollverstärker, Front mit Holzgehäuse des MELPIC-35 [1] 

 

Inhaltsverzeichnis:

1. Überblick

2. Technische Daten

3. Historische Bedeutung

 

1. Überblick

Der MEL PIC-35 Röhrenverstärker, eingeführt im Jahr 1965 von Messtechnik und Elektronik in Waiblingen, Deutschland, repräsentiert ein markantes Beispiel für die Anwendung der Push-Pull-Parallel (PPP) Technik in der Audiotechnologie. Die PPP-Konfiguration, auch als "Circlotron" bekannt, zeichnet sich durch ein Paar Kathodenfolger in der Ausgangsstufe aus, im Gegensatz zu den häufiger verwendeten Anodenfolgern. Diese besondere Anordnung führte zu einem signifikant reduzierten Anpassungswiderstand in der Endstufe, was etwa einem Viertel des Widerstands von Anodenfolgern entspricht. Der PIC-35, ein Stereo-Verstärker, verfügte über eine beeindruckende technische Ausstattung: 17 Röhren, darunter mehrere Typen wie ECC808, ECC81, ECC83, EF86 und EL34, zwei Transistoren sowie verschiedene Halbleiter. Er bot eine Ausgangsleistung von 35 Watt pro Kanal. Hervorzuheben ist auch das Design des Gehäuses aus Palisander, welches ihm ein markantes Erscheinungsbild verlieh. Die Abmessungen des Verstärkers waren 515 x 163 x 350 mm. Ein Schlüsselvorteil der PPP-Technologie war die inhärente Gegenkopplung der Kathodenfolger-Endstufe, die zu einem relativ kleinen Klirrfaktor führte, auch ohne zusätzliche Gegenkopplung. Darüber hinaus ermöglichte die PPP-Konfiguration eine hohe Eingangsimpedanz und eine geringere Lastkapazität in der Endstufe, was die Auswahl passender Lautsprecher vereinfachte. Diese technischen Merkmale trugen zu einer verbesserten Leistung und einem erweiterten Frequenzgang bei, insbesondere im oberen Frequenzbereich, mit Bandbreiten bis zu 100 kHz.

Trotz dieser Vorteile gab es auch Nachteile, die bei der PPP-Technik zu beachten waren. So erforderte die Technologie beispielsweise zwei separate Stromversorgungen, was allerdings durch einen reduzierten Aufwand bei den Ausgangsübertragern kompensiert wurde. Des Weiteren war eine höhere Anodenspannung notwendig, und es gab Herausforderungen im Zusammenhang mit der Kommutierung der Gleichrichterdioden im Netzteil. Diese Nachteile führten teilweise dazu, dass die PPP-Technologie in modernen Neukonstruktionen nicht so häufig verwendet wurde, obwohl sie in früheren Artikeln und Prospekten oft für ihre guten Eigenschaften gelobt wurde. Die Geschichte des PPP-Verstärkers begann bereits in den frühen 1950er Jahren. Ein Meilenstein war das von C.T. Hall im Jahr 1951 eingereichte Patent US2705265, das eine Endstufe mit Kathodenfolgern beschrieb, wobei jede Endröhre ihre eigene Stromversorgung hatte. Dieses Konzept legte den Grundstein für die Entwicklung von PPP-Verstärkern, obwohl es einige technische Einschränkungen gab, wie etwa einen unnötig niedrigen Eingangswiderstand der Endstufe aufgrund der negativen Gittervorspannung, die auf Masse bezogen war. Insgesamt zeigt der MEL PIC-35 Röhrenverstärker eine faszinierende Kombination aus innovativer Technik und klassischem Design, die ihn zu einem bemerkenswerten Vertreter in der Geschichte der Audiotechnologie macht.

 

2. Technische Daten

Im zweiten Kapitel rücken die technischen Besonderheiten und die Entwicklung von Röhrenverstärkern in den Fokus, insbesondere im Kontext der Elektrolytkondensatoren und der allgemeinen Entwicklung der Audiotechnik in der Nachkriegszeit. Interessant ist, dass bereits in den 1930er Jahren Elektrolytkondensatoren (Elkos) von 20 Mikrofarad in Schaltungen wie der des Western Electric 91A verwendet wurden. Diese waren für die hohe Röhrenspannung des Verstärkers geeignet und verfügbar, wurden jedoch aufgrund der hohen Kosten und der Anforderungen an die technische Umsetzung eher sparsam eingesetzt.

 

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Aus der Radiosammlung von Klaus Burosch, MELPIC-35 Innenansicht [1]

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich die Technologie der Elektrolytkondensatoren weiter, was zu einer Miniaturisierung des Schaltungsaufbaus und zur Bereitstellung größerer Kapazitäten führte. Ab etwa 1970 waren Elkos mit geringen internen Verlusten, sogenannten Low ESR-Typen, herstellbar. Diese technologische Entwicklung spiegelte sich in den Verstärkerkonstruktionen wider. Hersteller wie Western Electric, RCA und General Electric begannen, diese fortschrittlichen Komponenten zu nutzen, um Verstärker für den häuslichen Gebrauch anzupassen, die zuvor hauptsächlich in Kinosaal-Größen verfügbar waren. Diese Entwicklung betonte eher die technischen und wirtschaftlichen Aspekte als ausschließlich klangliche Überlegungen. Im Bereich der Vintage Röhrenverstärker gibt es einige beachtenswerte Modelle aus Deutschland wie den ASCO KV34 und den Dynacord ST12. Diese Geräte, obwohl sie historisch und technisch interessant sind, hatten jedoch ihre Einschränkungen in Bezug auf Betriebssicherheit und moderne technische Standards. Viele dieser älteren Modelle erforderten umfangreiche Überarbeitungen, um heutigen Anforderungen zu entsprechen. Der PIC-35 nutzte die Push-Pull-Parallel (PPP) Technik, eine fortschrittliche Methode, die zu dieser Zeit in der Audiotechnik noch nicht weit verbreitet war. Diese Technik zeichnete sich durch ihre Fähigkeit aus, einen klareren, verzerrungsärmeren Klang zu liefern, was sie besonders attraktiv für Audiophile und Musikenthusiasten machte. Der Verstärker war mit 17 Röhren ausgestattet, darunter ECC808, ECC81, ECC83, EF86 und EL34, und bot eine Leistung von 35 Watt pro Kanal. Diese Kombination von Röhren und die Verwendung der PPP-Technik resultierten in einer Soundqualität, die für die damalige Zeit als außergewöhnlich galt

 

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Schaltplan des MEL PIC-35 Verstärkers [1]

 

In der Diskussion um Röhrenverstärker darf man auch die Bedeutung der Studiotechnik nicht außer Acht lassen. Geräte wie die V69a von EMT demonstrierten eindrucksvoll die Leistungsfähigkeit und die klanglichen Qualitäten, die mit Röhrentechnologie erzielt werden konnten, und beeinflussten damit maßgeblich die Entwicklung in diesem Bereich.

 

SpezifikationDetails
Anzahl der Röhren 17
Röhren / Ventile ECC808, ECC81, ECC83, EF86, EL34
Phonoeingänge 2
Halbleiter AC151r, B30C1000, B450C80, unbekannte Diode
Hauptprinzip Audio-Verstärkung
Wellenbereiche - ohne
Stromversorgung Wechselstrom (AC) / 220 Volt
Lautsprecher Benötigt externe(n) Lautsprecher
Leistung 35 W (unverzerrt)
Material Holzgehäuse
Modell Audioverstärker PIC-35
Form Tischmodell, niedriges Profil (große Größe)
Abmessungen (BHT) 515 x 163 x 350 mm
Bemerkungen PPP-Stereo-Verstärker, 2 x Phonoeingänge, 1 x Radioeingang, Fernsehton, Mikrofon, Tonband (Aufnahme/Ausgang), 2 x Reserveeingänge, Gehäuse aus Palisander

 

3. Historische Bedeutung

Die Einführung des PIC-35 kam zu einem Zeitpunkt, als die Welt der Audiotechnik von der Einführung neuer Technologien und Konzepte geprägt war. In den 1960er Jahren begann die Verschiebung von Mono- zu Stereo-Aufnahmen, was eine größere Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Verstärkern zur Wiedergabe dieser Aufnahmen schuf. Der PIC-35 war in der Lage, die subtilen Nuancen und die erweiterte Klangbühne, die durch Stereo-Aufnahmen ermöglicht wurden, effektiv zu übertragen. Seine Einführung trug somit zur Popularisierung der Stereo-Aufnahmen bei und beeinflusste nachhaltig die Art und Weise, wie Menschen Musik erlebten. Darüber hinaus spielte der PIC-35 eine wichtige Rolle bei der Etablierung der deutschen Audiotechnologie auf dem internationalen Markt. Während dieser Zeit war Deutschland bekannt für seine Ingenieurskunst und Präzision, und der PIC-35 war ein Beispiel für die hochwertige Verarbeitung und technische Innovation, die aus diesem Land kamen. Die Aufmerksamkeit, die der Verstärker erhielt, trug dazu bei, das Ansehen deutscher Audioprodukte weltweit zu erhöhen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass der MEL PIC-35 Röhrenverstärker nicht nur ein bemerkenswertes technisches Gerät war, sondern auch ein kulturelles Symbol. Sein Einfluss ging über die Grenzen der Technik hinaus und trug dazu bei, die Art und Weise, wie Musik konsumiert wurde, zu formen und zu definieren. Er repräsentiert einen bedeutenden Meilenstein in der Geschichte der Audiotechnologie und bleibt bis heute ein begehrtes Sammlerstück für Audio-Enthusiasten.

Die in diesem Beitrag präsentierten Geräte und Fachkenntnisse sind Teil der umfangreichen Sammlung von Klaus Burosch. Entdecken Sie mehr unter Klaus Burosch's Sammlung (burosch.de)

 

Quellen [30.11.2023]

[1] http://www.tube-classics.de/TC/GermanTubeHifi/Integamps/MEL/PIC35De.htm

 

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