9.71 Körting, Chiemgau/Obb. *

 

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Fortsetzung der Vorkriegsgeschichte aus dem 3. Kapitel

 

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Nach dem Krieg versuchte Oswald Ritter, Alleininhaber der Körting Radiowerke, sein Unternehmen in Leipzig als Privatbetrieb weiterzuführen. Er glaubte, durch geschickt geführte Verhandlungen die Verstaatlichung abwenden zu können – nur formal sollte das Werk der Treuhandverwaltung unterstellt werden. Als er jedoch mit seinen Vorstellungen über die Zukunft des Unternehmens auf Granit biss, und sich sein Eindruck verdichtete, dass die gesamtwirtschaftliche Situation in der Sowjetischen Besatzungszone, der späteren DDR, für einen Erfolg versprechenden Aufbau auch mittelfristig nicht die Basis bot, beschloss er, sich in den Westen abzusetzen – die 1948 erfolgte Enteignung war ohnehin nicht mehr zu verhindern.

Es war spät – fast zu spät – als Oswald Ritter mit einigen Getreuen 1949 in den Westen ging, um in Oberbayern (nahe Marquartstein) den Neubeginn zu wagen. Andere Firmen waren schon drei bis vier Jahre präsent, als Körting Ende 1949 mit ersten Modellen auf den westdeutschen Markt kam. „Von vielen alten Funkfreunden wird es sicherlich freudig begrüßt werden, daß Körting, die altbekannte Firma, sich neu etabliert und die Fabrikation ihrer seit vielen Jahren so beliebten Körting Geräte wieder aufgenommen hat“ – schrieb die „Funk-Technik“ bei der Vorstellung des bereits mit Rimlockröhren bestückten Honoris S 50 N im Dezemberheft 1949.

  

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Das erste Körting Nachkriegsgerät aus Oberbayern – Burg Niedernfels: Honoris S 50 N

 

Ritter konnte auch den erfahrenen Rudolf Sittner in den Westen locken – er wurde zum Leiter der Technik und Entwicklung ernannt – mit Prokura. Das war 1950 und es ist heute kaum mehr vorstellbar, dass in den primitiven Räumen der alten Burg Niedernfels schon im Jahr nach Ritters Einzug sieben ganz neue Empfängertypen entwickelt wurden, von denen sechs – sowie ein UKW­ Supereinsatz – in Serie gingen und den Weg zum Handel fanden.
Gerätenamen aus den erfolgreichen Dreißigern sollten dem Unternehmen zu neuem Glanz verhelfen, und so findet man unter den neuen Typen wieder einen Miros, einen Band Selector, einen Supra Selector und schon den großen Dominus.

 

Inserat aus der „Funkschau“,Heft 1/1950

 

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Fast hätte es noch einen Ultramar gegeben, welcher zur Präsentation auf der Düsseldorfer Funkausstellung angekündigt war. Und die Vertriebsleute hatten ihn unvorsichtigerweise schon in den Radio-Katalog 1950/51 eingereiht. Der Entwicklungstechniker H. Sorge sollte sich nun beeilen, diesen „neuen Dominus ohne UKW Empfangsteil“ vollends zu perfektionieren. Doch es gab halt – wie überall – auch bei Körting zwischenmenschliche Unstimmigkeiten, die dem

Ultramar schon im embryonalen Zustand das Lebenslicht ausbliesen. Als Sorge nämlich seinem Entwicklungsleiter das noch nicht ganz ausgereifte Chassis präsentierte, erhitzten sich die Gemüter über Terminvorgaben und andere, mehr oder weniger bedeutungsvolle Meinungsverschiedenheiten. Was dann passierte, schildert ein Zeitgenosse wie folgt: „Der in Rage geratene Sorge hat das Chassis seinem Chef einfach vor die Füße geschmissen, seinen Platz geräumt und die Firma verlassen“.

Sieben Typen – auch das Angebot im Katalog 1951 war nicht kleiner – waren im Grunde zu viel. 1952 reduzierte Körting die Palette auf vier Modelle, mit dem Royal Selector als Spitzengerät. In diesem Jahr konnte auch ein neues Werk in Grassau bezogen werden, aber die Finanzlage wurde immer bedenklicher und dem kranken Oswald Ritter, der sich schon Ende 1951 mit Sittner zerstritten hatte (der dann zu Telefunken nach Ulm ging), glitten die Zügel aus der Hand. 1959 starb er in München.

 

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Ursprünglich sah das Gerät so aus, wie auf dem Körting ­Foto (oben). Ein bayerischer Wirt jedoch wollte in seiner Gaststätte eine griechische Stube einrichten und beauftragte einen „Lüftl­maler“, der den einst schwarz polierten in einen „Griechentempel“ verwandelte 1950/51 war der von W. Küstner entwickelte Dominus 51 W das Prunkstück Oswald Ritters. Elf Kreise im FM­ und acht im AM­ Teil –  der Vorstufensuper mit sechs gespreizten Kurzwellen  ­Bändern und Gegentakt­ Endstufe sollte an die hochwertigen Vorkriegsmodelle anknüpfen und diese – mit dem neuen UKW-Empfangsteil – noch übertreffen. Weil die Voraussetzungen für die Fertigung des HF-Spulensatzes in der Burg Niedernfels noch fehlten, musste er samt dem 14 teiligen Drucktastenwähler – in dem auch die sechs KW-Bereiche und drei Mittelwellen Festsendertasten enthalten waren – von Torotor aus Dänemark bezogen werden.

 

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1951 war dies das kleinste Körting Modell – wie sein Vorgänger Neos mit einem UKW-Empfangsteil ausgestattet, aber es kostete nur noch 198.- DM. Dieser gefällig gestaltete 5/6-Kreis Superhet Trixor 52 W enthält die Rimlockröhren ECH 42, 2 x EAF 42, EL 41 und AZ 41.

 

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 Aus der „Funkschau“-Rubrik „Sie funken wieder“, Heft 2/1946

 

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Außer den  Heimgeräten gab es 1952 den ersten Körting Koffersuper Amata.

 

Im Grunde stand die Finanzierung des Betriebes von Anfang an auf wackeligen Beinen. Vor Ritters Einzug in die alte Burg Niedernfels residierte dort die Firma „Belwe, Bayerische Elektromechanische Werkstätten“. 1946 hatte sie – unterstützt durch der Freistaat Bayern – mit der Fertigung begonnen, 1949 war sie zahlungsunfähig.

Oswald Ritter wurde genötigt, Einrichtungen und Verbindlichkeiten zu übernehmen, um dem Staat und den Banken Verluste zu ersparen. So begann Körting mit einer Anfangslast, welche Ritter durch die weitere Fabrikation der Medizingeräte abtragen wollte. Das Gegenteil stellte sich ein – die Schulden wuchsen. Nur einen Lichtblick gab es: anstelle der HF Diathermiegeräte wurden – mit dem geschützten Markennamen „Fixus“ – die von den Herren H. Mende und Dr. W. Flechsig entwickelten frequenzstabilen Hochfrequenz Industriegeneratoren gebaut, und die brachten Gewinne. Allerdings erst ab 1953/54.

Die Bayerische Staatsbank bangte bereits 1952 um ihre Kredite und hielt Ausschau nach einem Sanierer. Er wurde in der Person des (auch aus Sachsen stammenden) renommierten Diplom ­Kaufmanns Gerhard Böhme gefunden, der Ritter 1953 ablöste.

 

Aus den Berichten über die deutsche Industriemesse Hannover 1953 in „radio mentor“ Heft 4/53, S. 288, betr.: Körting.

„Außer einigen Empfängern des Jahrganges 1952/53 sahen wir den neuen Toster, der das geröstete Brot nach einer einstellbaren Zeit automatisch auswirft. Auf dem HF-Wärmegebiet wurden einige Neukonstruktionen für die Verschweißung von Kunststoffen, u.a. für die Herstellung von Bucheinbänden ganz aus Plastikfolie gezeigt“.

Was „radio mentor“ nicht berichtete: Körting präsentierte mit dem „Fixus G 2000“ den ersten frequenzstabilen und oberwellenfreien 2-kW HF-Generator, mit dem die Firma Weltgeltung erlangen konnte.

 

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Das Körting Spitzengerät aus dem Modelljahr 1952/53: der  Royal Selektor 53 W  mit drei Lautsprechern und der 10-Watt Gegentakt - Endstufe – mit dem „Formant“ – die erste Breitband Raumklang Kombimation.

 

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Mit diesem Syntektor 54 W gelang Körting 1953 der ganz große Wurf. Auch die Wettbewerber mussten staunend zur Kenntnis nehmen, dass die UKW­Empfangsleistung des mit der „Synchrodetektor­ Schaltung“ ausgestatteten UKW­ Teils von keinem anderen Gerät erreicht wurde. Viele Zuschriften haben das bestätigt, zum Beispiel die folgende: „Der Empfang der Programme des Süddeutschen Rundfunks ist in den Kreisen Offenburg und Lahr nur in Ausnahmefällen möglich, selbst wenn man Empfänger mit 11 oder 12 Kreisen verwendet. Auch die Verwendung von Richtantennen bringt hier nur eine ungenügende Empfangsverbesserung. Mit Empfängern nach dem Synchrodetektorprinzip dagegen lassen sich z.B. die beiden Sender Aalen I und II in einer Vielzahl von Orten der Kreise Offenburg und Lahr selbst bei Verwendung einer einfachen Dipolantenne noch einwandfrei von den Sendern Hornisgrinde I und II trennen“. Dieser Bericht spricht für sich.

 

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Royal Syntektor 55 W nannte Körting den Spitzensuper von 1954. Nicht nur der UKW-Teil mit der von Dr. Moortgat-Pick entwickelten Synchrodetektor Schaltung zeichnet ihn aus, auch verbesserte Empfangs Eigenschaften im Mittelwellenbereich, in dem damals ein Chaos herrschte. Das Werk schreibt darüber im Rückblick:„Auf den AM-Bereichen lagen die Besonderheiten des Gerätes vor allem in einer die abendlichen Schwundverzerrungen vermindernden neuartigen Tag-Nacht Umschaltung, in der rauscharmen Trioden Mischstufe und in dem vierfachen Fadingausgleich mit Vorwärtsregelung im Zwischenfrequenzteil. Mit seiner 10-Watt Gegentaktendstufe und vier Lautsprechern ließ der „Royal Syntektor“ auch den Klang betreffend keine Wünsche offen“.

Es lag nicht an den Produkten, die waren hervorragend – es lag an der fehlenden Finanzbasis und an Mängeln in der Vertriebsorganisation, die Böhme bewogen, 1954 eine Liaison mit Josef Neckermann einzugehen. So war er vorerst die schlimmsten Sorgen los. Das Versandhaus nahm die für den Inlandsmarkt bestimmte Geräteproduktion ab und zahlte, im Gegensatz zum Einzelhandel, prompt bei Lieferung. Die Folge: Aus den Handelskatalogen wurden „Körting Radios“ lebenslänglich verbannt – der Preis für diesen Deal.

Das war um so bedauerlicher, als in Grassau just vor diesem Zeitpunkt Spitzengeräte entwickelt worden waren, die einen besseren Rahmen als den des Kaufhaus­ oder Versandhandel­ Niveaus verdient hätten. Der 1951 zu Körting gestoßene, spätere Entwicklungsleiter Dr. Waldemar Moortgat-Pick hatte mit Unterstützung von Hans Wiesner eine neuartige UKW Empfangsschaltung ersonnen, welche die bis dahin bekannten in den Schatten stellte. Mit dem Syntektor 54 W konnten die Körting Radiowerke durch ihre unkonventionelle Demodulatorschaltung – mittels Mitnahmeoszillator und Frequenzteilung – in der UKW­Empfangstechnik neue Maßstäbe setzen. Wegen der vielfach überlegenen Gleich-­ und Nachbarkanal­ Selektion ersetzte sogar der SWF durchweg die kommerziellen Rohde & Schwarz­ Ballempfänger durch serienmäßig hergestellte Körting­ Syntektorgeräte! Mit dem Royal­ Syntektor 55 W hatte das Werk 1954 ein Referenzgerät geschaffen. Man mag bedauern, dass dieses „beste Stück“ 1955 in den Niederungen des Versandhandels landete, dem das Image des Zweitklassigen anhing. Indes – was die Firma betraf – sie wurde gesund. Körting ging es während der Neckermann­ Ära gut, sehr gut sogar. Der Umsatz stieg von 1952 bis 1964 um fast 700 %.

 

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Aus den Industrieberichten in der „Funkschau“, Heft 7/ 1956.

 

Nachdem Körting im Inland unter der eigenen Marke nicht mehr verkaufen durfte, wurde das Exportgeschäft forciert. Auch einige Tonmöbelhersteller belieferte Körting, und das Geschäft mit den Hochfrequenz Schweißanlagen blühte.

Beteiligt am Erfolg der Rundfunk Sparte war insbesondere das Modell Dynamic 830 W – das „Radio mit den zwei magischen Fächern“. Dieses weltweit erste Gerät mit der Stereodyn Schaltung und dem aktiven 12­dB­ Dynamic ­Expander basierte auf einer Erfindung, welche Dr. Moortgat-­Pick ersonnen hatte, lange bevor er sie als Entwicklungs­ Chef bei Körting realisieren konnte. Sie fand 1957 in der gesamten Branche große Beachtung. Telefunken übernahm – im Rahmen einer Know­how­ Vereinbarung – die Körting­ Schaltung 1958 in ihre Musiktruhen Salzburg II und Hymnus HiFi.

 

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Inserat aus der „Funkschau“, Heft 13/1957

 

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Ein Modell, mit dem Körting nach dem Syntektor Furore machte: der Großsuper Dynamic 830 W von 1957. Als „quasi stereophone Raumakustik“ bezeichnete der Entwicklungschef Dr. Moortgat-Pick die plastische Wirkung seiner gesetzlich geschützten „Stereodyn­ Schaltung“, und die „Dynamic ­Expander ­Schaltung“ diente der Rückgewinnung der sendeseitig eingeengten Musik­ Dynamik (es gab auch Versuche in der gegenteiligen Richtung).

Dieses Gerät mit 10 Röhren und den zwei magischen Augen brachte Körting nicht nur die Anerkennung der Fachwelt ein, es konnte vor allem seinem Besitzer hohen Musikgenuss bieten; und schon einen Vorgeschmack auf die knapp zwei Jahre später realisierte Stereo Schallplattenwiedergabe.

 

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Dr. Böhme verstand es, die Firma zum Erfolg zu führen. Er hatte aber auch nicht versäumt, die Verträge mit den Gläubigerbanken zu seinem Vorteil zu gestalten (Notiz aus „radio-fernseh-händler“, Heft 2/1962). Und die Körting Fernsehgeräte? Die trugen selbstverständlich ebenso zum Erfolg des Unternehmens bei; sie müssen aber, wie bei allen andern Firmengeschichten, in diesen „Radiobüchern“ draußen bleiben.

 

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Aus der „Funkschau“, Heft 8/1958

 

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Bericht  aus : „Funkschau“, Heft 19/1964. Die Zeiten wurden schwieriger.

 

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Bericht aus der „Funkschau“, Heft 11/1969

 

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Inserat aus der „Funkschau“, Heft 12/1969

 

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Bericht aus der „Funkschau“, Heft 8/1970. 

 

Das  war  der  Beginn der Zusammenarbeit mit der slowenischen Firma  Gorenje,  deren  Fertigungsprogramm etwa dem der AEG entsprach. Mit dem Fertigungs Programm: Fernseh- und Hörfunkanlagen, mit den HF-Schweiß- und Messgeräten erzielte Gerhard Böhme Anfang der Siebziger Jahresumsätze von über 150 Millionen DM, und beschäftigte insgesamt rund 3800 Arbeitskräfte – etwa 10 % der Belegschaft, die Max Grundig in seinen besten Jahren vorzuweisen hatte.

 

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Körting suchte noch im Funkschau-Heft 5/1971 Arbeitskräfte

 

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Ein Bericht aus dem „Funkschau“-Heft 5/1971

 

Mit dem Ergebnis des Geschäftsjahres 1969/70 konnte Körting – wie im unten stehenden Bericht aus der „Funkschau“, Heft 10/1970 zu lesen ist – zufrieden sein. Und es ging noch weiter aufwärts – dem Heft 15 ist zu entnehmen, dass der Umsatz um 31 % auf 209 Mio. geklettert war. Der Firmenwert hatte eine Höhe erreicht, welche Böhme veranlasste, über die irgendwann fällig werdende Erbschaftssteuer nachzudenken. Und so beteiligte er seine vier Kinder (drei Söhne und eine Tochter) mit 49 % am Unternehmen. Wer da aber glaubte, Gerhard Böhme hätte an seinen Unternehmungen nur Freude gehabt – der irrte. Anfang der Siebziger machten sich erste Sorgen breit – beginnend beim Werk in Pavia.

Zwei Seiten nur Firmenberichte – wo bleiben die Radios – mögen die Körting Sammler fragen. Natürlich gab es zu allen Zeiten neue Modelle. Die aber sind für den Radiosammler nicht mehr so interessant, wie die in den Fünfzigern erschienenen Großgeräte.

 

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Der im Bild hinten stehende Piccolo von 1957 ist nicht so klein wie die Radios der Philetta-Serie. Seine Maße: 36 x 25 x 20 cm. In Deutschland vertrieb ihn Neckermann.

 

Als Exportgerät hieß der gleich gestaltete Fünfröhren Siebenkreiser Piccolino. Ebenso erfolgreich wurde der 1960 in Großauflagen gebaute Billy, ein Achtröhren-AM-FM Super mit drei Wellenbereichen. Diesem etwas kleineren Gerät fehlt jedoch der Magische Fächer. Kuba / Imperial (siehe 9.74) verkaufte diesen Billy als Kolibri bzw. Ariane, und Neckermann als Rubin.

 

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Auch so etwas gehört vollständigkeitshalber in die Körting Radiosammlung: ein Gerät aus der „Neckermann ­Ära“,  z.B. das Röhrenradio Hamburg 821/47.
1963/64 wurden solch einfache Heimgeräte, welche oft auch als „Zweitradio“ angeschafft wurden, in dieser nordischen Form gestaltet.

 

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Anfang der Sechziger bevorzugte auch Körting kantig gestaltete Gehäuse. In diesem Modell mittlerer Größe, dem Tobby 22120 befindet sich ein schlichter UKW-, Mittel- und Langwellen Empfänger mit fünf Röhren.

 

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Körting fertigte – an die Vorkriegstradition anknüpfend – auch Kofferradios; 1952 beginnend mit dem Amata Koffersuper. Weitere Empfänger dieser Art folgten in der Transistor-Zeit, als erster 1960 der Tramp.

Hier im Bild steht der 1971 von Neckermann vertriebene Konzert-Transistor Bern. Er ist mit sechs 1,5- Volt-Monozellen zu betreiben und hat einen eingebauten Netzteil. Die Empfangsbereiche sind: LW (150-350 kHz), MW (520-1600 kHz), Europa (1400-1600 kHz). Im Kurzwellenbereich empfängt er die Wellenlängen 45 bis 49 m, und schließlich UKW. Er hat drei Festsendertasten und AFC. Zwei Watt Sprechleistung und ein so genannter „Hochleistungs Konzert Lautsprecher“ bilden den Ausgang.

Ein Gerät aber – sollte der Sammler es entdecken – dürfte er keinesfalls stehen lassen: den HiFi Spitzen Receiver Syntektor 1500 L, den Elac als 4000 T, und Siemens als RS 17 Electronic verkaufte.

1971/72 konnte das Familienunternehmen den Umsatz nochmals steigern, die Nettorendite stagnierte aber bei 1,5 % vom Jahresumsatz (Quelle: „Funkschau“, Heft 16/1972). „Der Umsatzsprung des Dr. h. c. Böhme“ – lautete die Überschrift zum Bericht in der „Funkschau“, Heft 14/1973 – in einem Jahr nahm der Umsatz um 33 % zu. In der vom Sohn Klaus Böhme geleiteten Görler Fabrik entstanden 1973 auch HiFi Quadrofoniegeräte, welche bereits auf der Funkausstellung in Berlin gezeigt wurden (Quelle: „Funkschau“, Heft 24/1973).

 

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Im Bild: das „Music­ Center“ Studio MC 615 SL.

 

Körting versuchte, über den Namen des Tochterunternehmens „Julius Karl Görler“ wieder in den Fachhandel zu kommen. Doch die Radiohändler mochten Körting - (JKG)  - Geräte auch dann nicht mehr, wenn sie den Vertriebsweg über Görler nahmen. Verschiedene Kaufhäuser waren die Abnehmer, doch der „JKG­electronic­ Vertrieb“, der auch mit Rücksicht auf ELAC gebremst wurde, kam nicht auf seine Kosten. Im Juni 1975 wurde das Görler-Werk geschlossen.

1975 berichtete die „Funkschau“ in ihrem Heft Nr. 2, dass die Körting Werke, welche 1951/52 einen Umsatz von 3,7 Mio. verbuchten, nun 300 Mio. DM vorweisen konnten. „Gegenwärtig zwingt die Situation zur Kurzarbeit und zu Entlassungen“ – auch dies stand in dem Bericht. Das war der Beginn des Abstiegs, der sich mit der Schließung des 1964 in Pavia errichteten Werkes fortsetzte (die „Funkschau“ berichtete darüber in ihren Heften 8, 10 und 14/1975). Die Presse schrieb: „Die Verhältnisse in der italienischen Konsumelektronik können, aus ausländischer Sicht, nicht anders als chaotisch bezeichnet werden. Wie Körting haben auch andere ausländische Firmen in Italien mit gleichen oder ähnlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Körting ist kein Einzelfall“. Unerwartet starb Gerhard Böhme am 2. September 1975 – die „Funkschau“ brachte den Nachruf im Heft 20/1975. Klaus Böhme (37) wurde sein Nachfolger.

„Körting wieder mit Gewinn“ – so die Überschrift zu einem Bericht in der „Funkschau“, Heft 2/1977. „Das Unternehmen ist 1974/75 ebenso wie die meisten anderen Mitbewerber nicht ungeschoren durch die Rezession gekommen. Ende 1974 kam es zur Kurzarbeit, im Laufe des Jahres 1975 zu einem Personalabbau um 25 % und zur Schließung der Betriebsstätte Brühl. Der frühere Gruppenumsatz von 300 Mio. DM konnte bis heute nicht wieder erreicht werden, zumal das Werk Körting Italiana in Pavia durch Liquidation im März 1975 ausschied“. Eine Umsatzrendite von 2 % konnte erzielt werden.

 

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Ein Bericht aus dem „Funkschau“-Heft 3/1976

 

Rund 25 Jahre arbeitete Körting in Grassau mit seinen Zweigbetrieben in Bayern, Baden (Görler) und Österreich (Gröding) erfolgreich (in Italien nur anfangs erfolgreich), bis Neckermann 1977 abrutschte und in den Armen von Karstadt landete. Dieser Handelskonzern hatte bereits andere Rundfunklieferanten und kaufte nur noch wenige Körting­ Geräte. Anfangs war Klaus Böhme noch optimistisch – glaubte (wie in der „Funkschau“, Heft 21/1977 zu lesen ist) dass Neckermann auch nach dem Übergang zur Karstadt Gruppe noch die gesamte Produktion fürs Inland abnehmen würde. Außerdem sollten die Exportgeschäfte forciert werden, und die Tochterfirma JKG Electronic versprach die Ausweitung des Geschäfts mit HiFi Geräten der Marke Bavaria 80, wofür ein Kreis von Exklusiv Fachhändlern gewonnen wurde. Da aber erhob die ELAC mahnend den Zeigefinger. Sie war Hauptabnehmerin für diese Art hochwertiger Geräte und wollte keine Konkurrenz durch das JKG Fabrikat – der Verkauf musste gebremst werden – bis zur Unwirtschaftlichkeit. Die Rücksichtnahme nützte nichts – ELAC ging in Konkurs – 11 Millionen DM uneinbringliche Forderungen mussten abgeschrieben werden – die Banken drehten den Geldhahn zu.

 

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Ein Bericht aus dem „Funkschau“-Heft 7/ 1978

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Im Heft 9 schrieb der Vergleichsverwalter, dass die Gläubiger der Körting-Radio-Werke  GmbH, Grassau, mit 40 % ihrer Forderungen befriedigt werden können.

 

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Gerhard Böhme erlebte den Niedergang seiner Firma nicht mehr. Er war drei Jahre zuvor verstorben.

 

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„Körting hofft auf ein Wunder“ – steht in der „Funkschau“, im Heft 11/1978, doch – „den Onkel aus Amerika, von dem das Bayerische Wirtschaftsministerium so schwärmt“ – den gab es nicht – die GTE winkte ab. Aber da war ja noch die jugoslawische Fa. Gorenje, mit der Körting schon 1970 einen Partnerschaftsvertrag geschlossen hatte – und die sagte zu. Einen ausführlichen Bericht schrieb Karl Tetzner unter dem Titel „Viel Glück, Körting! “ in der „Funkschau“, Heft 15/1978. Wenn auch, (wie die „Funkschau“ im Heft Nr. 18/1978 schrieb), die jugoslawische Regierung Ende Juli die Genehmigung zur Firmenübernahme noch nicht erteilt hatte, wurde doch als Übernahme Stichtag der 1. September 1978 festgelegt. 

Stand es um Körting wirklich so schlecht? War die Konkursanmeldung der einzige und richtige Weg? 1980 berichtete die „Funkschau“ im Heft 21, dass im Zuge des Konkursverfahrens die bevorrechtigten Gläubiger voll befriedigt, und die nicht bevorrechtigten mit 42 % ihrer Forderungen bedient werden konnten. Insider meinten, dass die Konkursanmeldung gar nicht nötig gewesen sei, zumal Körting (als Ersatz für die ausgefallenen Neckermann Umsätze) Quelle als zahlungskräftigen Kunden gewinnen konnte. Bereits 20.000 Portable Fernseh Empfänger mit Rundfunkteil waren nach Fürth geliefert worden – Körting war keinesfalls chancenlos. Doch das wurde zu spät erkannt – „rückgängig machen“ ging nicht.

 

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„Mit beträchtlichem Optimismus in die neue Zukunft“ – überschrieb die „Funkschau“ ihren Aufsatz im Heft 20/1978, und im Heft 8/1979 steht: „Der Start bei Körting Gorenje Electronic scheint gelungen zu sein“. „Jedenfalls ist das Werk zur Zeit voll ausgelastet, was wohl auch darauf zurückzuführen ist, dass von den Farbgeräten mehr als 50 % exportiert werden“. Auch auf dem HiFi Sektor blieb Körting aktiv – der Ing. H. J. Haase beschrieb 1979 in einem mehrseitigen Aufsatz im „Funkschau“-Heft Nr. 11 das „Infracenter 699“ – ein fernbedienbares 4-Wege Kompaktgerät.

 

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Bericht aus dem „Funkschau“-Heft 24/ 1978.

 

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Aus: „Funkschau“-Heft 23/ 1980 (Fritz Seiffert schrieb sich „Seyfferth“)

 

Ende 1980 jedoch sorgte eine neue Meldung für Aufsehen – in der „Funkschau“ las man im Heft 23: „Körting Firmenspitze gefeuert“. Doch schon im Heft 26 folgte die Berichtigung: Nur die Kaufleute wurden ausgewechselt, der für die Forschung und Entwicklung zuständige Prokurist Dr. Moortgat-Pick blieb der Firma erhalten.

Noch gut zwei Jahre lang wurden im Körting Gorenje Werk hochwertige, mit modernster Technik ausgestattete Geräte gebaut. 1983 erfolgte – weil unrentabel – die Liquidation. Der Konkurrenz aus Japan war niemand gewachsen. So ganz tot ist der Name „Körting“ aber noch nicht – die Markenrechte befinden sich weiterhin im Besitz der Münchener Gorenje Niederlassung.

 

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SCC-102 – Der exclusive HiFi Turm mit den Körting Kompakt-Komponenten Remote Preceiver RP 102, Cassetten Deck C 102 und Leistungs-Endstufe PA 102.
Eine fernbedienbare HiFi Hochleistungs Anlage im Kajüten Look. Dazu die passenden 100 Watt - 3 Wege Lautsprecherboxen mit großem Bass Lautsprecher und getrennt regelbaren Kalotten- Mittel- und Hochtönern.

Zu den Glanzstücken der Körting Entwicklung Anfang der Achtziger zählten die Komponenten der HiFi Serien 100, 101, 102 und 103. Der Synthesizer Tuner ST 103 wurde ausführlich in der „Funkschau“, im Heft 23/1981 beschrieben.

 

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„Einmalig in der Welt“ – so steht es im Körting Prospekt vom August 1981, doch nur Wenige nahmen Notiz von diesem hochwertigen „µC-Synthesizer-FM-Tuner ST 103“ mit dem „Sender Identifikationsverfahren“


Markterfolge werden eben nicht durch Spitzenerzeugnisse allein garantiert – die Werbung hat den ersten Stellenwert. Und hier lag Körtings Schwachpunkt Das  seit 1978 im Besitz der jugoslawischen Gorenje befindliche Unternehmen, das seine Erzeugnisse zuvor schon 25 Jahre lang am Fachhandel vorbei abgesetzt hatte, konnte nicht mit der Unterstützung des deutschen Funkhändler-Vertriebsnetzes rechnen.

So verblühte diese Pionierleistung im Verborgenen und nur noch eingeweihte Fachleute wissen, dass der von Herbert Keller entwickelte ST103 nicht allein das HighEnd Produkt einer 50 jährigen Körting Produktion war. Er repräsentierte auch die letzte Spitzenleistung der Rundfunkempfänger in Analog-Übertragungstechnik, welche im Verlauf von rund sechs Jahrzehnten in Deutschland entwickelt und gebaut worden waren. Warum er nicht zu den gesuchtesten Exponaten der Radiosammler zählt? Man hat die Bedeutung dieses unscheinbaren Gerätes ganz einfach übersehen!

Während der Sammler bei Körting ­Vorkriegsgeräten keinerlei Zweifel hegen würde, und vielleicht die Nachkriegsgeräte Dominus (1950) und Syntektor (1953/54) vergeblich sucht, steht er doch unschlüssig vor dem „Neckermann ­Körting“­ Gerät. In der Tat sind darin Niveau­ Gegensätze vereint. Aber sammelwürdig sind sie allemal, zumindest die Royals, die Konzertmeister oder Dynamics. Dem Zweifelnden sei es verraten: Der Royal ist der begehrte Syntektor. Körting wollte es dem Versandhändler anfänglich nicht zugestehen, die auf diesem Wege vertriebenen Geräte mit dem höchsten Qualitätsbegriff zu schmücken. Es handelt sich sowohl beim Royal, wie auch beim Konzert und Dynamic um „Klasse­ Geräte“, auch wenn „Neckermann“ draufsteht. Was den Radiohistoriker auch interessierten dürfte: Körting belieferte nicht nur den Frankfurter Versandhändler. Der stand zeitweise nur mit 30 % in den Büchern. 40 % waren Export­ Umsätze und namhafte Inlandsunternehmen orderten die restlichen 30 %. Folgende Markenfabrikate bedienten sich der Geräte aus Grassau: Kuba (1957-63), Silva (1960-70), Pawerphon (1960), Rosita (1961-70), Blaupunkt (1966-75), Siemens (1966-79) und Elac (1966 bis zum Konkurs 1978).

Noch manch andere Körting ­Aktivitäten wären erwähnenswert. Die Präzisionsmessgeräte etwa, welche für Rohde & Schwarz gefertigt wurden (Dr. Lothar Rohde war Vorsitzender im Körting Aufsichtsrat), oder die mit dem „Tankkreis“ aufgebauten, frequenzstabilen HF­ Generatoren (27,12 MHz) zur dielektrischen Kunststoff Erwärmung und ­Schweißung. Körting HF ­Industriegeneratoren von 1 bis 100 kW waren die „Weltbesten“. 

Gewiss – den Radiosammler interessiert dies allenfalls am Rande, viele sind nur an den alten Röhrenradios interessiert. Langsam aber keimt die Erkenntnis, dass es auch sammelnswerte Empfängertypen gibt, die nicht mehr mit Röhren bestückt sind. Entsprechend ausgerichtete Sammler werden Geräte wie das Körting HiFi­ Steuergerät Syntector 1500L, Siemens RS17 Electronic oder Elac 4000 Syntector, die man mit etwas Glück und Ausdauer noch auf Flohmärkten findet, sicher nicht stehen lassen. Und schließlich sollten die allerletzten Körting­ Spitzenempfänger nicht vergessen werden. Das oben abgebildete Modell Synthesizer ­FM­ Turner ST103 zum Beispiel, das mittels Mikrocomputer den empfangenen Sender – was heute so selbstverständlich erscheint – namentlich identifizieren konnte. Diese 1982 gebauten (Schlusslicht­) Geräte sind heute schon gar nicht mehr zu bekommen.

Von 1932 bis 1982 baute Körting Radios. Würde man heute einen Wettbewerb ausschreiben, wer wohl in diesen 50 Rundfunkjahren die weltbesten Empfänger auf den Markt brachte – die Körting­ Radiowerke kämen jedenfalls in die engere Wahl.

Zum Abschluss noch ein „Schmankerl“ – wie die Bayern zu sagen pflegen – ein Körting Modell von 1951, welches die Sammler und Historiker wohl nie zu Gesicht bekommen werden.

 

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koerting radio chronik - burosch

 

Auf der Münchener Elektromesse 1951 wurde dieses einmalige Körting Modell vorgestellt. Der Berichterstatter des „Radio-Magazins“ (siehe Heft Nr. 9/1951) bedauerte, dass dort nur wenige Radiofirmen vertreten waren und schrieb: „Um so mehr freuen wir uns, dass wir unsern Lesern einige technische Spitzenleistungen solcher Firmen und Konstrukteure vorführen dürfen, die mit großen Hoffnungen auf die Elektromesse gegangen waren.

So erfreute uns Frau Ritter, die Gattin des Inhabers der Körting Radio Werke mit einem neuen Schrankempfänger gelungenster Formgebung, bei dem der Plattenspieler in einem schatullenförmigen Schränkchen über dem Empfangsteil untergebracht ist. Die Bilder zeigen viel besser, als es Worte zu schildern vermögen, worauf es hierbei ankommt. Das Gerät „Körting Noblesse“ enthält einen 9-Röhren Universalsuper gemäß dem „Omni-Selector“ und einen Plattenspieler, der zugänglich wird, wenn man bei geöffneten Türen die Vorderwand nach vorn herauskippt. Vorderwand und Türen sind mit Seide bespannt, so dass der Schall ungehindert austreten kann. Neben diesem architektonisch ganz einzigartigen Gerät zeigte Körting sein gesamtes Programm.“ Es kam nicht auf den Markt – dieses noble Modell – und wo das Ausstellungsstück geblieben ist, weiß auch niemand mehr.

 

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