10.6 Die „Privaten“ hatten es besonders schwer

Wie im Westen gab es auch in der SBZ zahlreiche Nachkriegs Firmengründer – die „Privaten“ – die sich mit der Fertigung kompletter Radios oder auch Zubehör- und Bauteile eine Existenz aufbauen wollten. Aber sie galten in der DDR als Außenseiter. Die Fachzeitschrift „Der Radio-Händler“ schrieb in ihrem November Heft 1949 in einer dreiseitigen Abhandlung unter dem Titel „Die Radioindustrie in der Ostzone“ folgendes:

„Die gesamte ostzonale Wirtschaft ist nach dem gleichen System organisiert wie in Rußland: Eine vollständige staatliche Planwirtschaft, die sowohl die Erzeugung wie den Verbrauch und auch den Handel erfaßt. Das Geld spielt dabei nur die Rolle eines Katalysators und wird von seiner Bedeutung für den Verbraucher vom Bezugschein weit übertroffen. Wenn auch in der Ostzone noch viele Betriebe in privater Hand sind, besonders solche mit weniger als 100 Arbeitern, so handelt es sich hier doch nur um besonders gelagerte Fälle.“

Dass sie unerwünscht waren, sollten sie auch bald zu spüren bekommen, diese „Unangepassten“, welche teils auch mit kreativen Gehäuseformen und ihren Qualitätsprodukten beliebt wurden. Denkbar schlechte Rahmenbedingungen konnten sie auch durch besondere Anstrengungen schwerlich ausgleichen.

Die „Funk-Technik“ schrieb im Heft 7/1950: „Entsprechend der wirtschaftlichen Struktur auf dem Sektor Radio in der sowjetischen Besatzungszone liegt der Schwerpunkt der Empfängerentwicklung bei den VVB Radio- und Fernmeldetechnik (RFT), deren technische Oberleitung Dr. Frühauf * hat. Hier stehen offenbar auch die größten Mittel zur Verfügung, so daß es allein schon aus diesem Grund für die restlichen Privatfirmen schwer ist, Gleichwertiges entgegenzustellen“. Mit anderen Worten: Die Privaten kämpften stets mit Material- und Messgeräte- Beschaffungsproblemen. Nur wenige entwickelten sich gut, den anderen war – wie übrigens auch vielen in den drei Westzonen – ein kurzes Leben beschieden. 

An den „Aufstrebenden“ beteiligte sich, wenn sie sich nicht im Rahmen der Kleinfabrikation hielten, der Staat (bzw. die Deutsche Investitionsbank). Teils wurden sie auch in eine Produktionsgenossenschaft des Handwerks (PGH) überführt, teils zum VEB oder kommunal verwalteten VEB(K) erklärt. Die meisten ihrer – oft staatlichen Repressalien ausgesetzten – Inhaber warfen das Handtuch und flüchteten in den Westen. Auch manche HF-Ingenieure und Inhaber von Radiogeschäften wählten diesen Weg.

Die nachstehende Auflistung enthält nicht die „Enteigneten“ aus der Vorkriegszeit bzw. ihre Nachfolge-VEB‘s, es sind Privat- und Kleinbetriebe, unter denen sich auch „Eintagsfliegen“ befinden mögen, oder solche, die ihre Präsentations Modelle nicht überlebten.

Afag, Alfa, Antelmann (EMW), Ares # Badstübner, Blohm (Elgawa), Börner, Brause, Brömel # Doebel # EBS, EFM, Egaton, Ehra, Elbia, Elektrobau Oschatz, Elmug (Goldpfeil), EMW, Erga, Erhardt (Ehra), Erzmann # Feruma, Franke, Funkbau Schäfer, Funk-Mechanik G. Ney, Funkwerkstätten Bernburg # Ge-Ho, Geißler, Gerätebau Hempel (Heli), Gerufon, Grabow, Gravert, Grosse # Hägro, Hartenstein (WHM), Haußmann, Hellmuth, Hempel (Heli), He-Ra, Hochton K.O. Hirsch, Höfig, Höhne, Hoffmann & Wolff, Horak, HSW, Hübner # Infriso, Jäckel, JLB, John, Juschka # Kamlott, Klare, Kowalsky (Kowa), Kraly, Krechlock, Kreis-Radio, Kunzke # Linde # Maass, Magdeburger (AMA), Marschner, Matuszak, Meier, Meinhardt # Neutro-Werk, Niemann & Co. (Sonata), Nordfunk A. Weihe # Oehmichen & Kroschup # Pellegrinetti, Peter # Rabe, Reitz & Co., Rema, Romar, Roßner, Rostocker Gerätebau, Ruwel # Sachsenklang, Schieren, Schirrmacher (HSW), Schnauder, Seufert, Simonis, Stein, Sternfeld (Kreisradio) # Teubner, Trumpf # Vogel # Walter (WFW), Walter (Tonfunk), Weger, Weissbach, Welker, Weruf, Wira, Woha.

Nähere Angaben zu diesen DDR-Radioherstellern bzw. deren Firmensitz enthält der Anhang B I: Zusammenstellung deutscher Radiofirmen und Radiomarken 1945 bis 1990.

* Fußnote: Zuvor wirkte Dr. Ing. Hans Frühauf bei Graetz, wo er schon 1938 zum Geschäftsführer bestellt worden war (siehe: „Der Radio-Händler“, Heft 25/1938, „Handelsgerichtliche Eintragungen“ und „Firmen-Nachrichten“). Kurze Zeit war er auch bei SABA tätig. In den fünfziger Jahren wurde Frühauf Nationalpreisträger und Professor an der TH Dresden (Quelle: „radio und fernsehen“, H. 19/1959). 1961 folgte seine Berufung zum Staatssekretär und zum Mitglied des Ministerrates (Quelle: „radio und fernsehen“, H. 14/1961).

 

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