1.2 Detektor und Röhre – die großen Erfindungen

Radiowellen in den Raum zu senden, war die eine Sache. Sie wieder einzufangen – ihren Nachrichtengehalt zu entdecken bzw. zu entschlüsseln, war eine andere. In den Urzeiten der Funktechnik verwendete man dazu Branlys Kohärer (in Deutschland nannte man ihn auch Fritter). Weil für den Rundfunk untauglich, bedarf dieses Verfahren hier keiner Erläuterung. Ein nachfolgender „Wellenfinder“ war der Detektor – ein elektrolytischer oder Kristallgleichrichter. War er etwa nobelpreisverdächtig, dieser 1874 gefundene Schwefelmetall­ Gleichrichtereffekt? Sein Entdecker, Karl Ferdinand Braun erhielt für seine wissenschaftlichen Leistungen 1909 zusammen mit Marconi den Nobelpreis für Physik, mit dem dann auch die Funktechnik als solche ihre Würdigung erfuhr.

Nun, der Detektor war nicht die einzige Erfindung des berühmten Professors, als Grundlage der Halbleitertechnik war sie aber von größter Bedeutung. Detektoren, z.B. mit Bleiglanz, aber auch zahlreichen anderen Kristallen ausgestattet, ermöglichten erstmals den Hörempfang modulierter Radiowellen. Aber was man da vernehmen konnte, war so leise, daß kein Fremdgeräusch stören durfte. Und mit zunehmender Entfernung vom Sender gab es fast gar nichts mehr zu hören.

 

Kristall Detektorempfänger

 

Schwache Empfangs­ströme zu verstärken, war nicht nur ein Wunsch der Funktechniker und Amateure; auch die Übertragung von Ferngesprächen über lange Leitungen stieß ohne Verstärkung an Grenzen. Mechanische Systeme erwiesen sich als nicht besonders tauglich, also mußte die Verstärkerröhre erfunden werden und sie wurde schließlich auch erfunden – schrittweise.

Die Glühlampe war schon da und der Vielerfinder Thomas Alva Edison hatte mittels einer, in die Lampe eingebrachten Elektrode 1883 so nebenbei auch schon den durch Glühemission nach ihm benannten Edisoneffekt entdeckt. 1896 erkannte John Ambrose Fleming das Phänomen der Gleichrichtung und entwickelte die HF­ Diode, welche ihm 1904 patentiert wurde. Wer aber gilt als Erfinder der Verstärkerröhre – der Triode?

 

Forests Erfindung mit Steuergitter

 

Der aus Österreich stammende Physiker Robert v. Lieben hatte u. a. die Idee, den Elektronenstrom in einer Röhre durch magnetische Einflussnahme zu steuern, um kleine Stromschwankungen unverzerrt verstärken zu können.  Etwa um dieselbe Zeit experimentierte in Amerika der Erfinder Lee de Forest mit Dioden. Die wollte er effektiver gestalten, nicht zuletzt mit der Absicht, bestehende Schutzrechte zu umgehen. Eine Hilfselektrode sollte seine Röhre verbessern, und damit erfand er, ohne dies ursprünglich beabsichtigt zu haben, das Steuergitter, welches schließlich auch Liebens Verstärkerröhre funktionstüchtig machte.

 

Lieben und de Forest gelten als die „Verstärkerröhren-Erfinder“

Liebens Verstärkerröhre 

 

So unterschiedlich sie auch gewesen sein mögen – der ernsthafte Wissenschaftler auf der einen Seite, der Genius und leichtfertige Hasardeur auf der andern – beiden gebührt das Verdienst, aufbauend auf den Erkenntnissen anderer Forscher die steuerbare Elektronenröhre erfunden zu haben. Was aber sollen die harten Worte „leichtfertiger Hasardeur“?

Lee de Forest, den die Amerikaner auch „Father of Radio“ nannten, konnte auf ein bewegtes Leben zurückblicken. Ursprünglich mittellos, lebte er auf großem Fuße, jonglierte in seinen pompös aufgeblähten Aktiengesellschaften mit den Dollarmillionen anderer Leute (die ihn dafür gerne umgebracht hätten), um dann wieder in Schuldenbergen zu versinken. Nicht nur einmal gelang ihm – bzw. seinen nur von Geldgier beflügelten Präsidenten – dieses Spiel, bei dem er sein Inventar und die scheinbar wichtigsten Patente einsetzte (das Audion-Patent hielt man für weniger wichtig). Letztlich jedoch profitierten davon nur die skrupellosen Präsidenten, die Broker und die für ihn streitenden Advokaten.

 

Patentschrift von 1908

 

De Forest selbst hatte aber alles andere als eine reine Weste und sein Sündenregister war wohl auch für das Nobelkomitee Grund genug, seinem innigen Wunsch nach dem begehrten schwedischen Preis nicht nachzukommen. Vergrämt starb der Erfinder (wie Prof. B. Bosch in seiner höchst interessanten de Forest-Biografie in der „Funk-Geschichte“ Nr. 136 schrieb) 1961 im Alter von 87 Jahren in Hollywood. Den Nobelpreis hatte schon 1932 Irving Langmuir erhalten – für seine Arbeiten auf dem Gebiet der Elektronenröhren – so steht’s in der Chronik des 20. Jahrhunderts auf S. 458. Vielleicht aber wurden mit dieser Ehrung insbesondere die Forschungsergebnisse über Grenzflächen-Ab- bzw. Adsorptionen gewürdigt, weshalb es dann auch nicht der Preis für Physik, sondern der für Chemie war.

Was Lee de Forest auch angestellt haben mochte, die Funkwelt verdankt ihm entscheidende Impulse. Selbst Europäer, wie z.B. Siegmund Loewe, wussten den Ideenreichtum des Amerikaners zu schätzen. Auch heute noch zählt er mit Recht zu den bedeutenden Wegbereitern der Radiotechnik – nicht nur, aber vor allem durch seine Röhrenerfindung. Nur von „Television“ hielt der ansonsten doch so „Zukunftsorientierte“ nichts. „Auf das Fernsehen sollten wir keine Träume vergeuden, weil es sich einfach nicht finanzieren lässt“ – sagte er 1926. Nun war sie also da, die von de Forest „Audion“ genannte Röhre. 1907 saß sie schon in vielen Demodulatorschaltungen und 1912 wurde sie auch als Triode funktionstüchtig. Sie revolutionierte die Empfängertechnik, machte den Kristalldetektor entbehrlich und ermöglichte mehrfache Verstärkerstufen sowohl auf der Hoch­ wie auf der Niederfrequenz ­Seite.

Die Dreielektroden­ Röhre eignete sich aber nicht nur für leistungsfähige Empfängerschaltungen, durch das Rückkoppelverfahren konnte man damit auch senden. In den Staaten war das Senden und Empfangen schon vor dem Beginn der „Röhrenära“ zum Volkssport geworden. Ein neuer Industriezweig fertigte Einzelteile für den Amateurfunk und ging damit glanzvollen Zeiten entgegen. Erst 1912 – als die Röhre ihren Siegeszug begann – musste der amerikanische Amateur eine Sendelizenz nachweisen; der Empfang blieb unbegrenzt frei. Während des Ersten Weltkriegs durften verständlicherweise auch die "US­ Amateure" nicht senden, aber empfangen und das ohne Beschränkung. So hatten amerikanische Amateure und Gerätehersteller schon etwa zehnjährige Erfahrungen im Empfängerbau (hierzulande nur die wenigen aus dem kommerziellen und militärischen Bereich), als endlich im Oktober 1923 in Deutschland das erste private Rundfunk­Empfangsgerät genehmigt wurde.

 

 

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