Graetz

Graetz war ein deutsches Unternehmen, das besonders für die Herstellung von Radios und Fernsehgeräten bekannt wurde. Es wurde 1866 von Albert Graetz, einem Klempnermeister, und dem Kaufmann Emil Ehrich als Lampen-Fabrik Ehrich & Graetz OHG in Berlin gegründet. Ursprünglich produzierte das Unternehmen Lampen, Brenner, Kocher und Öfen für flüssige und gasförmige Brennstoffe. Im Laufe der Zeit erweiterte Graetz seine Produktpalette und begann 1908 mit der Produktion von elektrischen Glühlampen und entwickelte 1910 die Starklichtlampe Petromax.

 

Graetz Logo [1]

 

Inhaltsverzeichnis:

1. Gründung        

2. Entwicklung und Produkterweiterung

3. Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit

4. Übernahme durch Standard Elektrik Lorenz und Nokia

 

1. Gründung

Die Geschichte des Unternehmens Graetz reicht zurück bis ins Jahr 1866, als der Klempnermeister Albert Graetz (1831–1901) und der Kaufmann Emil Ehrich († 1887) in Berlin die Lampen-Fabrik Ehrich & Graetz OHG gründeten. Ursprünglich war das Unternehmen auf die Herstellung von Lampen, Brennern, Kochern und Öfen spezialisiert, die für den Betrieb mit flüssigen und gasförmigen Brennstoffen geeignet waren. Diese Produkte bildeten den Grundstein für die spätere Expansion und Diversifikation des Unternehmens.

 

1899 errichtete ehemalige Fabrikgebäude von Graetz an der Elsenstraße in Berlin-Alt-Treptow [2]

 

Im Jahr 1897 erfolgte ein bedeutender Übergang, als die Söhne von Albert Graetz, Max (geboren am 6. Dezember 1861; gestorben am 8. September 1936) und Adolf Graetz († 1909), die Leitung des Betriebs übernahmen. Unter ihrer Führung expandierte das Unternehmen international und errichtete eigene Fabrikanlagen in den USA, Frankreich, Österreich und Großbritannien. Ein Meilenstein in der Firmengeschichte war der Bezug eines neu errichteten Fabrikgebäudes an der Elsenstraße in der damaligen Landgemeinde Treptow im Jahr 1899. Im Jahr 1907 erfuhr die zum Betriebsgelände führende Liststraße eine besondere Ehrung, indem sie in Graetzstraße (heute Karl-Kunger-Straße) umbenannt wurde. Dies zeugt von der wachsenden Bedeutung und dem Ansehen, das das Unternehmen in der Region und darüber hinaus genoss. Ein Jahr später, 1908, begann Graetz mit der Produktion von elektrischen Glühlampen, was einen wichtigen Schritt in Richtung moderner Elektrotechnik darstellte. Im Jahr 1909 wurden die Verdienste von Max Graetz für die deutsche Wirtschaft mit der Verleihung des Titels Kommerzienrat gewürdigt.

Ein weiterer bahnbrechender Erfolg gelang Max Graetz 1910 mit der Entwicklung der Starklichtlampe Petromax, die bis in die 1960er Jahre bei Graetz produziert wurde. Neben diesen Beleuchtungslösungen stellte das Unternehmen auch Haushaltsgeräte wie Wasserkocher und elektrische Bügeleisen her, was seine Fähigkeit unterstreicht, sich an den wandelnden Markt und die Bedürfnisse der Verbraucher anzupassen. Während des Ersten Weltkriegs stellte das Unternehmen seine Produktion um und profitierte durch die Fertigung von Rüstungsgütern. Zu den Hauptprodukten gehörten in dieser Zeit Patronen, Zünder sowie Maschinengewehre. Diese Umstellung führte zu einem bemerkenswerten Wachstum der Belegschaft, die von etwa 3000 Mitarbeitern im Jahr 1914 auf 7000 Beschäftigte anstieg. Dieser Abschnitt in der Geschichte des Unternehmens zeigte seine Fähigkeit, sich flexibel an die Gegebenheiten des Marktes und die Anforderungen der Zeit anzupassen, auch wenn dies eine Abkehr von den ursprünglichen Kernprodukten bedeutete. 

 

2. Entwicklung und Produkterweiterung

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges erlebte das Unternehmen Graetz bedeutende Veränderungen und Herausforderungen. Die Niederlassungen in Frankreich und Großbritannien wurden beschlagnahmt, und das Unternehmen musste einen erheblichen Teil seiner Belegschaft, nämlich 4500 von 5500 Arbeitern, entlassen. Im Jahr 1925 begann Graetz, sich in neue Bereiche zu diversifizieren und startete die Produktion von Radios. Diese strategische Erweiterung markierte den Beginn einer neuen Ära für das Unternehmen. 1928 übernahm Fritz Graetz, ein Sohn von Max Graetz, die Geschäftsführung, und ab 1933 wurde das Unternehmen als Graetz – Radio AG fortgeführt. In dieser Zeit erweiterte Graetz sein Produktportfolio um Gaslampen und Kolbenschieber-Vergaser, vor allem für Motorräder, unter dem Markennamen Graetzin. Darüber hinaus produzierte das Unternehmen unter der Marke Graetzor auch elektrische Heiz- und Kochgeräte sowie Warmwasserspeicher.

 

Hängelampe Petromax  [1]

 

Nach dem Zweiten Weltkrieg, genauer gesagt ab 1945, nahm Graetz seine Produktionstätigkeit wieder auf. Die Berliner Betriebsteile, die sich in der sowjetischen Besatzungszone befanden, wurden spätestens 1948 enteignet und produzierten fortan als VEB Graetz-Werk und ab 1950 als VEB Fernmeldewerk Treptow (RFT). Erich und Fritz Graetz gründeten 1948 in Altena, Westfalen, die Graetz KG und begannen mit den vor Kriegsende nach Bregenz verbrachten Maschinen erneut mit der Produktion von Radios. Im Zuge des Wirtschaftswunders in der Bundesrepublik dehnte das Unternehmen sein Produktangebot auf Fernseher, Musiktruhen und Strahlenmessgeräte (Teilchendetektoren) aus. Bis 1966 wurden auch Kaffeemaschinen nach dem Perkolatorprinzip mit der Bezeichnung Graetzor hergestellt, und in Altena wurden weiterhin die Starklichtlaternen Petromax gefertigt.

 

 

3. Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit

Nach dem Zweiten Weltkrieg stand das Unternehmen Graetz vor großen Herausforderungen und Veränderungen. Die Berliner Betriebsteile des Unternehmens, die in der sowjetischen Besatzungszone lagen, wurden spätestens 1948 enteignet. Sie führten ihre Produktion zunächst als VEB Graetz-Werk und ab 1950 als VEB Fernmeldewerk Treptow (RFT) fort. Diese Entwicklungen symbolisieren die tiefgreifenden politischen und wirtschaftlichen Veränderungen in Deutschland nach dem Krieg. In dieser Zeit der Umstrukturierung gründeten Erich und Fritz Graetz, Nachkommen der ursprünglichen Gründerfamilie, im Jahr 1948 in Altena in Westfalen die Graetz KG. Sie nutzten dazu Maschinen, die schon vor Kriegsende nach Bregenz verbracht worden waren. Mit diesem Schritt begann das Unternehmen erneut mit der Produktion von Radios und leitete damit eine neue Phase der Unternehmensentwicklung ein.

 

RFT Logo [3]

 

Während des Wirtschaftswunders in der Bundesrepublik Deutschland erweiterte Graetz sein Produktangebot um Fernsehgeräte, Musiktruhen und Strahlenmessgeräte, auch bekannt als Teilchendetektoren. Bis 1966 wurden zudem Kaffeemaschinen nach dem Perkolatorprinzip unter der Marke Graetzor produziert. In Altena wurden weiterhin die bekannten Starklichtlaternen Petromax hergestellt. Zudem beschäftigte sich eine kleine Forschungsgruppe bei der Graetz KG bereits früh mit der Entwicklung von Strahlungsmessgeräten nach dem Geiger-Müller-Zählrohr-Prinzip, besser bekannt als Geigerzähler. Diese Geräte dienten zum Nachweis und zur Messung von ionisierender Strahlung. 

 

4. Übernahme durch Standard Elektrik Lorenz und Nokia

Im Jahr 1961 verkaufte Erich Graetz das gesamte Unternehmen mit seinen dreizehn Produktionsstandorten an die Standard Elektrik Lorenz AG (SEL), ein führendes Unternehmen in der Bundesrepublik Deutschland und Teil des US-Konzerns ITT. Dieser Schritt markierte einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte von Graetz, da es nun Teil eines der größten Unternehmen in Deutschland wurde. Nach dem Ende des Wirtschaftsbooms verkaufte ITT das Unternehmen Ende 1986 an die französische Compagnie Générale d’Electricité (CGE), die später zu Alcatel wurde. Im Jahr 1988 übernahm das finnische Unternehmen Nokia diese Division, was die fortschreitende Entwicklung und Anpassung von Graetz an die globalen Marktveränderungen unterstreicht. 1990 wurde die Graetz Strahlungsmeßtechnik GmbH von der Nokia-Gruppe an das Hamburger Unternehmen Herfurth verkauft und in Strahlungsmeßtechnik GmbH Altena umbenannt. Dieser Verkauf zeigt die Weiterentwicklung von Graetz von einem Hersteller für Haushaltselektronik zu einem spezialisierten Anbieter in der Strahlungsmesstechnik.

 

Quellen [18.11.2023]

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Graetz_

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Graetz_(Unternehmen)#/media/Datei:Berlin_elsenstrasse_graetz-gebaeude_20050208_p1000354.jpg

[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Rundfunk-_und_Fernmelde-Technik

 

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